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5-jähiger Kündigungsverzicht in einem Mietvertrag ist unwirksam

Der Ausgangsfall

Foto (c) Silvan Steiner on Unsplash
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Der Kläger ist Mieter einer Wohnung. Der Beklagte ist Vermieter. Im Mietvertrag ist vereinbart, dass der Mieter für 5 Jahre auf die Aufkündigung des Mietverhältnisses verzichtet. Außerdem kann das Mietverhältnis von beiden Seiten nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Ende eines Quartals aufgekündigt werden.

 

Infolge der Kündigung durch den Mieter stellte sich die Frage, ob der Kündigungsverzicht und die einjährige Kündigungsfrist wirksam vereinbart wurden. Alle drei Instanzen gaben dem Mieter Recht.

 

Das Berufungsgericht führte aus, dass der Kündigungsverzicht dem Mieter in einem unbefristeten Mietverhältnis keinerlei erhöhte Planungssicherheit und auch sonst keinen wie immer gearteten Vorteil biete.

Der Vorteil des Vermieters, während der Unkündbarkeit des Vertrags mit gesicherten Mieteingängen rechnen zu können und Gewissheit über die Mindestintervalle für allenfalls erforderliche Investitionen vor einer Neuvermietung zu haben, sei berücksichtigungswürdig, müsse aber in einem angemessenen Verhältnis zur Bindung des Mieters an den Vertrag stehen.

 

 

Der OGH wies darauf hin, dass gemäß § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG für einen Verbraucher Vertragsbestimmungen jedenfalls nicht verbindlich sind, nach denen sich der Unternehmer eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist ausbedingt, während deren der Verbraucher an den Vertrag gebunden ist.

Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung vorliegt, ist eine Gesamtwertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen.


Die Interessen des Unternehmers auf Durchführung des Vertrags sind gegen die Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen.


Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach der Art des Geschäfts und den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen.

 

Die sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers an den Vertrag kann sich etwa auch aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, aufgrund des Umfangs seiner Investitionen und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Risiko für länger klare Verhältnisse zu schaffen, um [sein] kaufmännisches Risiko durch eine sachgerechte Kalkulation beschränken zu können.

Dem gegenüber steht das Interesse des Verbrauchers an einer nicht allzu langen Bindungsfrist, weil sich nicht nur die gesellschaftlichen Lebensgewohnheiten, sondern auch die persönlichen Lebensumstände des Verbrauchers im Verlauf eines längeren Zeitraums erheblich ändern können.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist der wirtschaftliche Nachteil des Vermieters bei Mieterwechsel (etwa Suche nach einem neuen Mieter oder Kosten für notwendige Arbeiten am Mietgegenstand vor Neuvermietung) den wirtschaftlichen Nachteilen des Mieters bei einem Wohnungswechsel (etwa Kosten für Übersiedlung oder Makler) gegenüber zu stellen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Mietvertrag für den Verbraucher typischerweise von hoher wirtschaftlicher Bedeutung ist.

Dem Mieter, der die Wohnung wegen einer Änderung seiner persönlichen Lebensverhältnisse nicht weiter benötigt, droht bei einer langen Bindung eine finanzielle Doppelbelastung, weil der alte Mietvertrag noch aufrecht ist, während ein neues Mietverhältnis bereits begründet ist. Eine längerfristige Bindung an den Mietvertrag, die den Verbraucher im Ergebnis zur Zahlung doppelten Mietzinses verpflichten könnte, kann sehr rasch zu einer existenziell bedrohenden Einschränkung seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit führen.

Der fünfjährige Kündigungsverzicht beschränkt den Mieter erheblich in seiner Lebensplanung und bietet lediglich dem Vermieter Planungssicherheit, weshalb der Kündigungsverzicht gröblich benachteiligend (iSd § 879 Abs 3 ABGB) und folglich unwirksam ist.

Fazit für die Gestaltung von Mietverträgen

Für die Vertragspraxis ergibt sich daraus, dass ein Kündigungsverzicht in einem Mietvertrag mit einem Verbraucher iSd. KSchG nur eingeschränkt vereinbart werden kann.

Meines Erachtens wird ein Kündigungsverzicht von einem Jahr wohl noch unproblematisch sein. Das ergibt sich aus § 29 Abs. 2 MRG. Diese Bestimmung lautet:


Im Fall eines nach Abs. 1 Z 3 befristeten Haupt- oder Untermietvertrags über eine Wohnung hat der Mieter nach Ablauf eines Jahres der ursprünglich vereinbarten oder verlängerten Dauer des Mietverhältnisses das unverzichtbare und unbeschränkbare Recht, den Mietvertrag vor Ablauf der bedungenen Zeit jeweils zum Monatsletzten gerichtlich oder schriftlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen.


Möchte der Vermieter einen längeren Kündigungsverzicht vereinbaren, dann ist auf die vom OGH aufgezeigte Interessenabwägung abzustellen.

Bestehen im Einzelfall besondere Interessen des Vermieters für einen längeren Kündigungsverzicht? Wenn ja, überwiegen diese Interessen die vom OGH aufgezeigten Interessen des Mieters?

Falls ausnahmsweise besondere Interessen des Vermieters für einen längeren Kündigungsverzicht des Mieters sprechen können, sollten diese Interessen jedenfalls im Mietvertrag festgehalten werden.

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