Einbruch in das Bankschließfach - wer haftet?

Wir kürzlich in den Medien berichtet wurde, haben sich noch unbekannte Täter unrechtmäßig Zutritt zu elektronisch gesicherten Saferäumen verschiedener Kreditinstitute verschafft, mehrere Schließfächer geöffnet und Bargeld und Wertgegenstände in Millionenhöhe gestohlen. Die polizeilichen Ermittlungen laufen. Die Frage, die betroffene Kunden sich aber jetzt schon stellen, lautet:

Muss die Bank den Schaden ersetzen?

Bevor noch auf das Thema eingegangen werden soll, ob und in welchem Ausmaß Versicherungen einspringen, ist für die Frage der Haftung zu klären, welches Vertragsverhältnis überhaupt vorliegt und welche Rechte und Pflichten sich aus diesem ergeben.

Zur Rechtsnatur des Schrankfachvertrages

Nach § 1 Abs. 2 Z 6 Bankwesengesetz (BWG) ist die Erbringung von Schließfachverwaltungsdiensten Finanz- und Kreditinstituten vorbehalten, die für die Ausübung dieser Tätigkeit eine Konzession der Finanzmarktaufsicht (FMA) benötigen.

Als Safe (Schrankfach, Schließfach) wird das verschließbare, in einem Stahlschrank oder in einer Stahlkammer befindliche, nummerierte, im Mitverschluss der Bank stehende Fach verstanden.

(Koziol in Apathy/Iro/Koziol (Hrsg.) Österreichisches Bankvertragsrecht² II: Konto und Depot Rz 5/1)

Beim typischen Schrankfachvertrag überlässt die Bank dem Kunden ein Schrankfach zur Unterbringung von Wertpapieren, Wertgegenständen oder Urkunden. Der Kunde schuldet der Bank dafür ein Entgelt, das sich nicht am Wert der in das Schließfach eingebrachten Sachen richtet, sondern allein nach der Größe des Schließfaches.

Der Kunde schuldet das vereinbarte Entgelt auch, wenn er gar nichts in das Schrankfach einbringt. Der Vertrag kommt bereits mit Abschluss des Schrankfachvertrages zustande und nicht erst mit Einbringung von Wertgegenständen oder Urkunden.

Ein Verwahrungsvertrag (§ 957 ABGB) kommt als so genannter Realtvertrag erst mit Übergabe der aufzubewahrenden Sache zustande (Pletzer in Schwimann/Neumayr (Hrsg), ABGB Taschenkommentar4 (2017) zu § 957 ABGB Rz 2). Dieses Element ist beim typischen Schrankfachvertrag nicht gegeben.

Die Rechtsprechung nimmt daher an, dass der Schrankfachvertrag ein reiner Mietvertrag ist (OGH 30.5.1984, 3 Ob 33/84).

Pflichten der Bank aus dem Schließfachvertrag

Die Bank trifft keine Obsorgepflicht für die im Schließfach verwahrten Sachen (Parapatits in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar4 (2014) zu § 957 ABGB Rz 28).

Zu beachten ist aber, dass der Kunde ein Bankschließfach ja gerade deshalb mietet, weil er seine Wertgegenstände oder Urkunden (und für diese ist das Schließfach ja explizit ausgelegt) dort sicherer wähnt, als etwa bei sich zu Hause. Diese Erwartungshaltung wird noch dadurch gestützt, dass der Zutritt zum Safe gesichert ist und der Safe sich in einem Stahlschrank oder einer Stahlkammer befindet.

Daraus folgt nach der Rechtsprechung, dass die Bank dem Kunden die sichere Unterbringung durch entsprechende Überwachung des Safes schuldet (OGH 3 Ob 33/84). Die Bank hat für einen Mitverschluss oder zumindest für eine Zugangskontrolle zu sorgen (VwGH 10.11.2017, Ro 2017/02/0023). Die Bank hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass kein Unbefugter Zutritt zum Schrankfach hat (Koziol in Apathy/Iro/Koziol (Hrsg.) Österreichisches Bankvertragsrecht II: Konto und Depot² Rz 5/3; Parapatits in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar4 (2014) zu § 957 ABGB Rz 28).

Zwischenergebnis

Infolge der Pflicht der Bank, die im Schließfach verwahrten Sachen durch entsprechende Überwachung des Safes sicher zu verwahren und den Zutritt unbefugter Dritter zu verhindern, ergibt sich eine Haftung der Bank bei einem Einbruch in ein Schließfach, wenn die Bank ihre Pflichten schuldhaft (zumindest leicht fahrlässig) verletzt hat. Da es sich um eine vertragliche Haftung handelt, muss der geschädigte Bankkunde die Verletzung der Pflichten durch die Bank beweisen, die Bank hingegen muss beweisen, dass sie kein Verschulden getroffen hat (§ 1298 ABGB).

Fraglich ist, ob Banken diese Haftung in ihren Geschäftsbedingungen beschränken können, etwa mit einem bestimmten Betrag. Bei Gültigkeit der regelmäßig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten betraglichen Haftungsbeschränkungen muss der Kunden den darüber hinausgehenden Schaden selbst tragen (bzw. für eine entsprechende Versicherung sorgen).

Haftungsbeschränkung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Zunächst ist zu prüfen, ob die betragliche Haftungsbeschränkung gröblich benachteiligend für den Kunden ist.

Nach § 879 Abs. 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.

Der OGH orientiert sich bei der Prüfung der gröblichen Benachteiligung in der Regel am dispositiven Recht. Eine Abweichung vom dispositiven Recht ist dann gröblich benachteiligend, wenn sie unangemessen oder sachlich nicht gerechtfertigt ist, wobei eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessenabwägung vorzunehmen und die Natur des Rechtsgeschäftes zu berücksichtigen ist (Bollenberger/Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), Kurzkommentar zum ABGB6 (2020) zu § 879 ABGB Rz 23).

Jede Haftungsbeschränkung ist natürlich eine Abweichung vom dispositiven Recht zum Nachteil des geschädigten Kunden.

Fraglich ist, ob die Haftungsbeschränkung sachlich gerechtfertigt ist.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Bank typischerweise keine Kenntnis davon hat, welche Sachen in das Schließfach eingebracht werden. Die Bank kann das Risiko daher nicht kalkulieren. Auch richtet sich das vereinbarte Mietentgelt nur nach der Größe des Schließfaches und nicht nach dem Wert der verwahrten Sachen.

Dagegen kann der Kunde das Risiko sehr wohl selbst konkret einschätzen. Immerhin kennt er den Wert der eingebrachten Sachen (Koziol in Apathy/Iro/Koziol (Hrsg.) Österreichisches Bankvertragsrecht² Band II: Konto und Depot Rz 5/8).

Im Ergebnis ist eine betragliche Haftungsbeschränkung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank nicht gröblich benachteiligend.

Handelt es sich beim Kunden um einen Verbraucher, so ist zu prüfen, ob die betragliche Haftungsbeschränkung dem KSchG widerspricht.

Nach § 6 Abs. 1 Z 9 KSchG ist eine Haftungsbeschränkung dann jedenfalls unwirksam, wenn die Haftung des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher für grobes Verschulden ausgeschlossen wird.

Nach dem OGH ist auch gegenüber einem Verbraucher die betragliche Beschränkung der Haftung der Bank für leicht fahrlässig verursachte Schäden aus der Verletzung der Pflichten aus dem Schließfachvertrag sachlich gerechtfertigt und verstößt daher eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht gegen § 6 Abs. 1 Z 9 KSchG (OGH 20.02.2018, 10 Ob 60/17x). In der Begründung dieser Entscheidung führt der OGH aus, dass die Bank typischerweise keine Kenntnis davon hat, welche Vermögenswerte im Safe verwahrt werden, sie ihr Haftungsrisiko damit kaum einschätzen kann und nicht selten überaus hohe Vermögenswerte betroffen sein werden.

Fazit

Im eingangs geschilderten Fall des Einbruchs in Bankschließfächer haftet die Bank den geschädigten Kunden, allerdings nur bis zur Höhe der in den Safe-Mietverträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Haftungshöchstbeträge.

Die geschädigten Kunden sollten sich daher jedenfalls den einzuleitenden Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen und versuchen, Ersatz direkt von den derzeit noch unbekannten Tätern zu erlangen.

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RA Mag. Bernd Trappmaier

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