Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, leistet Gewähr, dass sie dem Vertrag entspricht.
Das steht so im Gesetz. Genauer gesagt, in § 922 Abs. 1 ABGB.
Aber was heißt das in der Praxis?
Unter der Gewährleistung versteht der Jurist, dass der Verkäufer dem Käufer dafür haftet, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat.
Bedungene Eigenschaften sind solche, die man sich ausgemacht hat. Zum Beispiel dass die Wohnung 100 m² Nutzfläche hat und nicht etwa nur 90 m².
Gewährleistung für gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften
Gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften sind solche, die man nicht individuell ausmacht, sondern die bei einem Kauf generell, also von jedem beliebigen Käufer vorausgesetzt werden dürfen. Hier kommt es aber immer auch auf den konkreten Kaufgegenstand an. Eine neue Eigentumswohnung wird am Markt andere Erwartungen wecken als eine gebrauchte Eigentumswohnung. Und auch bei gebrauchten Wohnungen wird es wohl einen Unterschied machen, ob die Wohnung zehn Jahre alt ist oder fünzig Jahre.
Der OGH sagt dazu:
Ob eine Eigenschaft als gewöhnlich vorausgesetzt anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern ist an der Verkehrsauffassung sowie an der Natur des Geschäfts zu messen.
Die Betriebssicherheit zählt im Regelfall zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften.
Der Käufer muss jedoch Mängel und Alterserscheinungen, die nach Bauart und Alter einer Wohnung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, hinnehmen.
Gebrauchte Eigentumswohnung
Täglich werden Eigentumswohnungen gekauft. Da wesentlich mehr Wohnungen am Markt sind als neu gebaut werden, sind die meisten gekauften Eigentumswohnungen keine Erstbezüge, sondern gebrauchte Wohnungen.
Auch nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) besteht die Möglichkeit, eine Genossenschaftswohnung nach zehn Jahren ins Wohnungseigentum zu übertragen.
Häufig sind Eigentumswohnungen schon bei der Wohnungseigentumsbegründung nicht neu. Wie das?
Nicht selten beschließt der Alleineigentümer eines Zinshauses, die einzelnen Wohnungen zu parifizieren, um sie im Wohnungseigentum abzuverkaufen. Das ist im Grunde nichts anderes als das Gebäude zu filetieren und schneller zu Geld zu machen als es bei laufenden Mieteinnahmen der Fall wäre. Nur eben nicht so nachhaltig.
Saniert und doch alt – die Sockelsanierung
Alte Zinshäuser werden in diesem Zusammenhang auch gerne einmal sockelsaniert. Das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (WWFSG 1989) definiert eine Sockelsanierung als die im Rahmen eines Sanierungskonzeptes erfolgende durchgreifende allenfalls auch schrittweise Sanierung eines Gebäudes bei aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnissen.
Eine Sockelsanierung betrifft somit in der Regel die allgemeinen Teile des Hauses, also Keller, Stiegenhaus, Fassade, Dach, Fenster. Nicht aber die Wohnungen selbst. Man sollte sich also beim Kauf einer gebrauchten Eigentumswohnung nicht allein darauf verlassen, dass die allgemeinen Teile des Hauses kürzlich saniert wurden. Es empfiehlt sich, zu hinterfragen ob auch die ins Auge gefasste Wohnung saniert wurde.
Und damit meine ich nicht, dass sie neu ausgemalt oder der Parkettboden neu geschliffen wurde. Hier geht es vor allem um Wasserleitungen, Abwasserstränge, Gas- und Stromleitungen.
Was steht im Kaufvertrag?
In Kaufverträgen gibt es regelmäßig einen Punkt „Gewährleistung“.
Hier werden die „bedungenen Eigenschaften“ festgelegt. Oft aber werden vom Vertragserrichter (der die Wohnung selbst in der Regel ja nicht kennt) mehr oder weniger unrefklektiert Gewährleistungsausschlüsse in die Gewährleistungsklausel hineingeschrieben. Die Klausel ist daher meistens eigentlich eine Anti-Gewährleistungsklausel. Und das auch dann, wenn der Käufer den Vertragserrichter beauftragt hat.
Eine oft verwendete Klausel bestimmt, dass der Verkäufer nicht für eine bestimmte Beschaffenheit der Wohnung haftet. Damit ist nicht mehr gesagt, als dass es eben keine besonderen bedungenen Eigenschaften der Wohnung gibt.
Was ist jetzt mit den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften?
Ok, wir haben also gesehen, dass häufig keine besonderen bedungenen Eigenschaften im Kaufvertrag stehen.
Heißt das jetzt, dass der Verkäufer überhaupt nicht gewährleisten muss?
Nein. Denn es gibt ja noch die Haftung für die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften.
Dazu gehört, wie der OGH sagt, die Betriebssicherheit der Wohnung. Die Elektroinstallationen sollten zum Beispiel nicht gesundheitsgefährdend sein. Das heißt aber noch nicht, dass die Elektroinstallationen in der Wohnung dem aktuellen Stand der Technik entsprechen müssen.
Fazit: Eine gebrauchte Wohnung ist keine neue Wohnung.
Wenn Sie eine gebrauchte Wohnung kaufen, dann vertrauen Sie auch bei einer kürzlichen Sanierung der allgemeinen Teile des Hauses nicht darauf, dass etwa die Elektroinstallationen auf den aktuellen Stand der Technik gebracht wurden.
Gerade wenn das Haus schon älter ist müssen Sie davon ausgehen, dass die Installationen so alt sind wie das Haus selbst. Wenn Sie diese nicht überprüfen lassen und einen bestimmten gewünschten Zustand als bedungene Eigenschaft definieren, dann haftet der Verkäufer eben nur dafür, dass die Installationen gerade einmal nicht gesundheitsgefährdend sind.