Der Kläger hatte mit einer GmbH einen Bauvertrag abgeschlossen. In diesem Bauvertrag hat die GmbH dem Kläger eine Pönale für den Fall der Verspätung bei der Vertragserfüllung versprochen.
Der Beklagte ist zu 49% Gesellschafter der GmbH. Er ist auch deren Geschäftsführer. Der Beklagte unterfertigte den Bauvertrag mit und erklärte in diesem Bauvertrag ausdrücklich, als Gesellschafter und Geschäftsführer für die vertragsgemäße Erfüllung durch die GmbH vollinhaltlich und persönlich zu haften.
Offenbar wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet, bevor diese den Bauvertrag vollständig erfüllt hatte. Der Kläger begehrt nun unmittelbar vom Beklagten die Zahlung der vereinbarten Pönale. Zu dieser Zahlung wurde der Beklagte vom OGH auch verpflichtet.
Voraussetzung dafür ist, dass die Erklärung, die vollinhaltliche und persönliche Haftung für die vertragsgemäße Erfüllung des Bauvertrages zu übernehmen, nicht nur als Bürgschaft, sondern als Schuldbeitritt zu beurteilen ist. Der OGH beurteilte die Erklärung des Beklagten als Schuldbetritt.
Was ist nun der Unterschied zwischen einer Bürgschaft und einem Schuldbeitritt?
Die Befestigung eines Rechts durch Verpflichtung eines Dritten gegenüber dem Gläubiger kann nach der Systematik des ABGB entweder durch den Beitritt als Mitschuldner (Schuldbeitritt) oder durch Bürgschaft erfolgen.
§ 1344 ABGB bestimmt:
Ein Dritter kann sich dem Gläubiger für den Schuldner auf dreierlei Art verpflichten: einmal, wenn er mit Einwilligung des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler übernimmt; dann, wenn er der Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt; endlich, wenn er sich für die Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verbindet, dass der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle.
Eine Bürgschaft ist subsidiär: „Der Bürge kann in der Regel erst dann belangt werden, wenn der Hauptschuldner auf des Gläubigers gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hat.“ (§ 1355 ABGB).
Der Gläubiger muss also den Hauptschuldner zuerst mahnen, bevor er vom Bürgen Zahlung verlangen kann.
Die Verpflichtung als Mitschuldner ist dagegen nicht subsidiär. Der Gläubiger kann sich aussuchen, ob er den Hauptschuldner in Anspruch nehmen möchte oder den Beitretenden.
Zur Abgrenzung, ob eine Bürgschaft oder ein Schuldbeitritt vorliegt
Diese Abgrenzung ist durch Auslegung der Vereinbarung unter Bedachtnahme auf Sinn und Zweck des Geschäfts sowie die Übung des redlichen Verkehrs vorzunehmen.
Dabei ist zu prüfen, ob die Parteien nur die Haftung oder aber die Verpflichtung selbst verstärken wollten. Hat der Gutsteher kein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundgeschäft zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner, so kann angenommen werden, dass wohl nur eine Bürgschaft beabsichtigt ist.
Hat der Gutsteher hingegen ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundverhältnis zwischen Gläubiger und bisherigem Schuldner und ist dies dem Gläubiger bekannt, ist in der Regel anzunehmen, dass die Parteien einen Schuldbeitritt vereinbaren wollten.
Eigenes wirtschaftliches Interesse des Gutstehers
Für die Annahme eines solchen Eigeninteresses wurde in der Rechtsprechung bereits eine 25%ige Beteiligung des Gutstehers an der Gesellschaft, aber auch die Rolle als Geschäftsführer als ausreichend angesehen.
Im vorliegenden Fall war der Beklagte zu mehr als 25% an der GmbH beteiligt und auch deren Geschäftsführer. Damit hat der OGH sein Eigeninteresse und damit einen Schuldbeitritt bejaht. Im Ergebnis musste er also die Pönale für die Verspätung mit der Vertragserfüllung zahlen.
Fazit
Wenn der Beklagte nur eine Bürgschaft eingehen wollte, hätte er das in dem Bauvertrag ausdrücklich erklären können.
Lassen Sie sich rechtskundig beraten, bevor Sie als Dritter einem Vertrag beitreten. Erkundigen Sie sich genau nach den Rechtsfolgen und lassen Sie Ihre Haftung rechtssicher formulieren.