Hier eine Entscheidung des OGH zum aktuellen Thema der kurzzeitigen Untervermietung von Wohnungen an Touristen.
OGH 29.8.2018, 7 Ob 189/17w
Im genannten Fall inserierte die Mieterin einer in der Wiener Innenstadt gelegenen, mehr als 200 Quadratmeter großen Wohnung (bestehend aus fünf Zimmern, Einbauküche mit Geräten und kleinem Abstellraum, einem WC mit Waschtisch, zwei Vorzimmern, Gangteil, einem Bad mit WC, einem zweiten Bad mit WC und Waschmaschinenanschluss sowie einem kleinen Abstellraum mit Zugangsteil zum zweiten Bad) auf einer englischsprachigen Internetplattform die Wohnung als „atemberaubendes sensationelles Appartement“ („Breathtaking Showstopper Apartment“) im 1. Wiener Bezirk. Sie beschrieb diese als Appartment/Wohnung mit zwei Schlafzimmern und zwei Bädern für maximal elf Personen um – je nach Jahreszeit – 229 EUR bis 249 EUR pro Nacht, 1.540 EUR pro Woche oder 6.600 EUR pro Monat, zusätzlich 15 EUR pro Person und Nacht für mehr als einen Gast und zuzüglich Reinigungsentgelt pro Aufenthalt von 150 EUR.
Die Mieterin selbst bezahlte einen Bruttohauptmietzins von 2.391,28 EUR pro Monat und Energiekosten von 400 EUR pro Monat. Sie stellte die Wohnung möbliert zur Verfügung. Die Einrichtungsgegenstände hat sie um 83.300 EUR angeschafft.Legt man in einer bloß überschlagsmäßigen Betrachtung diesen Wert zugrunde und rechnet einen Gewinnanteil von 15 % hinzu, ergibt sich bei einer Nutzungsdauer von 15 Jahren auf den Tag bezogen ein Betrag von rund 18 EUR. Addiert man diesen Betrag und den Hauptmietzins von 78,62 EUR pro Tag sowie alle übrigen Leistungen Energie, Internet, TV, Putzfrau), so ergibt sich ein von der Mieterin selbst aufgewendeter Betrag von rund 122 EUR pro Tag.
Kündigungsgrund § 30 Abs. 2 Z 4 MRG
Im vorliegenden Fall ist das Mietrechtsgesetz (MRG) auf dasHauptmietverhältnis anzuwenden. Ein Hauptmietvertrag kann nach § 30 MRG nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Die Kündigungsgründe sind in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählt.
§ 30 Abs. 2 Z 4 MRG, den der OGH in diesem Fall geprüft (und bejaht) hat, lautet:
Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden.
Im vorliegenden Fall liegt der Kündigungsgrund der Überlassung gegen unverhältnismäßig hohe Gegenleistung vor. Durch diesen Kündigungsgrund soll verhindert werden, dass der Hauptmieter unter Ausnützung des Mieterschutzes einen ihm nicht zustehenden Gewinn erzielt; er soll keinen unbilligen Vorteil ziehen und der Vermieter soll vor „übermäßigem Gewinnstreben“ des Hauptmieters bei der Verwertung des Bestandobjekts geschützt werden.
Das MRG stellt bei diesem Kündigungsgrund nicht auf bestimmte Zeiträume ab. Der Kündigungsgrund ist verwirklicht, wenn ein Hauptmietgegenstand gegen eine gegenüber Hauptmietzins und eigenen Leistungen übermäßig hohe Gegenleistung „verwertet“ wird. Der Kündigungsgrund gilt also auch bei einer Verwertung durch kurzzeitige (z.B. tageweise) Untervermietung.
Gerade das ist hier der Fall: Die Mieterin hat die Wohnung auf einer an internationales Publikum gerichteten Internet-Buchungsplattform zur jederzeitigen Untervermietung zu beliebiger Dauer – tages-, wochen- oder monatsweise – ständig angeboten.
Die „Verwertung“ kann nach dem OGH auch schon dann vorliegen, wenn die Wohnung in einem einschlägigen Medium zur Weitergabe angeboten und bereitgehalten wird und es aufgrund dessen auch tatsächlich zu Vermietungen kommt.
Übermäßiger Untermietzins
Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einer Überschreitung des Hauptmietzinses durch den Untermietzins um 100 % oder mehr der Kündigungstatbestand jedenfalls erfüllt, bei einer deutlich unter 80 % liegenden Überschreitung wird regelmäßig keine Übermäßigkeit angenommen, und im Bereich dazwischen entscheiden regelmäßig die Umstände des Einzelfalls.
Da hier auch tageweise Untervermietungen zu beurteilen sind, muss der Vergleich des Untermietzinses mit dem Hauptmietzins nach der kürzesten Dauer der Untervermietung (bzw. dem Angebot der Untervermietung) erfolgen. Bei angebotener tageweiser Untervermietung sind Untermietzins und Hauptmietzins also auf den einzelnen Tag herunter zu rechnen.
Liegt bei einer tageweise angebotenen Vermietung der täglich erzielte Untermietzins um mehr als 100 % über dem auf einen Tageswert umgerechneten Hauptmietzins, so erfolgt die Vermietung gegen unverhältnismäßig hohe Gegenleistung.
Im vorliegenden Fall hatte die Mieterin pro Tag rund 350 EUR bis zu 425 EUR an Untermieteinnahmen. Diese übersteigen den Hauptmietzins somit um bis zu 250%. Der OGH hat daher die Kündigung als berechtigt angesehen.