Unternehmensübergabe erklärt
Einige Überlegungen für Ihre Praxis
Sie haben ein Unternehmen aufgebaut und dazu gratuliere ich Ihnen. Ihre Firma floriert und wächst. Das ist immer mit viel Einsatz verbunden. Einsatz an Arbeits- und Lebenszeit, an Kapital und Risikobereitschaft. Sie haben einige Entbehrungen auf sich genommen und viele schlaflose Nächte.
Und wofür das alles?
Lassen Sie es mich einmal ganz klar sagen: Sie haben genau zwei Möglichkeiten: Jedes Unternehmen muss entweder an einen Nachfolger übergeben oder zugesperrt werden. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Damit haben Sie die Wahl: Übergabe oder Nachfolge. Wollen Sie Ihr Unternehmen, das Sie mit viel Mühe aufgebaut haben, wieder zusperren? Oder wollen Sie Ihr Lebenswerk weitergeben und die Früchte Ihrer Arbeit ernten?
In diesem Artikel wollen wir einige sehr praxisrelevante Überlegungen anstellen, damit Sie Ihre Unternehmensübergabe und Unternehmensnachfolge planen können.
Wann soll ich mit der Planung der Unternehmensübergabe beginnen?
Bei dieser Frage gilt: je früher, desto besser!
Denn in den letzten Jahren war die Übergabe bzw. Nachfolge vieler Firmen nicht erfolgreich. Meist scheiterte es an der rechtzeitigen Planung. Daher raten wir dazu, die Vorbereitung der Unternehmensnachfolge – ob an Dritte oder innerhalb der Familie – frühzeitig zu beginnen.
Denn wenn sich niemand für die Übergabe finden lässt, ist es nicht nur schade, dass mit viel Herz aufgebaute Firmen nicht weiterbestehen, sondern es es fällt noch ein weiterer Punkt ins Gewicht:
Wenn sich kein Nachfolger finden lässt, werden auch Arbeitsplätze vernichtet. Eine gescheiterte Unternehmensnachfolge hat also größere Auswirkungen, als viele Firmeninhaber zunächst denken.
Von Start-ups lernen
Das bekannteste und erfolgreichste österreichische Start-up ist wohl Runtastic. 2009 gegründet wurde die Firma nach nur 6 Jahren im Jahr 2015 an Adidas verkauft. Kaufpreis: 220 Millionen Euro. Der Gründer, Florian Gschwandtner, war damals gerade 32 Jahre alt.
Stephen R. Covey schreibt in seinem Buch „Die sieben Wege zur Effektivität“ (The Seven Habits of Highly Effective People), es sei eine Eigenschaft erfolgreicher Menschen, am Anfang das Ende im Sinn zu haben. Das bedeutet nichts anderes, als sich im Vorhinein zu überlegen, wie das konkrete Ergebnis einer Unternehmung aussehen soll.
In diesem Sinn schreibt auch der amerikanische Unternehmensberater Michael E. Gerber („The E-Myth revisited: Why Most Small Businesses Don’t Work and What to Do About It“), dass die Unternehmer (im Unterschied zu Selbständigen) nicht im, sondern am Unternehmen arbeiten.
Das Produkt des Unternehmens ist nicht die Ware oder Dienstleistung, die die Firma verkauft; das Produkt des Unternehmens ist das Unternehmen selbst. Und der Kunde des Unternehmens ist nicht der Käufer der Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens; der Käufer des Unternehmers ist der Käufer des Unternehmens.
Also ist es die Aufgabe des Unternehmers, die Firma von Anfang an für den späteren Nachfolger aufzubauen.
Unternehmer, die im, statt am Unternehmen arbeiten, erschaffen kein Unternehmen, sondern einen Arbeitsplatz. Und einen Arbeitsplatz kauft niemand.
Fazit zum Zeitpunkt der Unternehmensübergabe
Wenn Sie nicht schon an Ihrer Firma arbeiten, wenn Sie Ihre Unternehmensnachfolge noch nicht geplant haben, dann müssen Sie sofort damit beginnen. Sonst werden Sie keinen Käufer für Ihre Firma finden. Dann werden Sie Ihre Firma eines Tages zusperren müssen. Dann werden Sie Arbeitsplätze vernichten.
Also: Sind Sie schon Unternehmer oder noch Selbständiger? Das hat nichts mit der Anzahl Ihrer Arbeitnehmer zu tun, sondern mit Ihrer Einstellung zur Firma und zum Unternehmertum.
Als Firmeninhaber werden Sie sich einmal die zwei wichtigsten Fragen stellen: An wen werden Sie Ihre Firma übergeben? Und wie hoch wird der Kaufpreis sein? Schauen wir uns diese zwei Fragen ein wenig näher an.
An wen werden Sie Ihre Firma einmal übergeben?
Haben Sie einen Sohn oder eine Tochter (oder andere Verwandte in der Familie), die Ihre Firma gerne weiterführen wollen? Die Spaß an dem Unternehmen haben. Die Ihre Kunden und Ihre Arbeitnehmer lieben?
Dann ist es eine optimale Lösung, die Übergabe Ihrer Firma innerhalb der Familie zu vollziehen. Diese Form der Unternehmensnachfolge ist wohl die einfachste, da Sie nicht erst den Kontakt zu Dritten herstellen müssen, um eine Nachfolge möglich zu machen.
Die familieninterne Unternehmensnachfolge bzw. -übergabe ist jedoch seit Jahren rückläufig. War es früher gar nicht anders denkbar, als die Firma des Vaters zu übernehmen und weiterzuführen, so haben Kinder von Unternehmern heute oft ganz andere Interessen. Sie dürfen dazu stehen und tun das auch. Sie erlernen andere Berufe und stellen frühzeitig klar, dass sie kein Interesse an der Firma haben.
In diesem Fall bleibt nur der Unternehmensverkauf. Und damit die Frage, wo man einen Käufer findet. Das ist heute zwar einfacher als früher, da es z. B. Online-Nachfolgebörsen gibt. Aber auch hier zeigt sich:
Rechtzeitige Planung ist alles. Und mit rechtzeitig meine ich – Sie erraten es: schon bei der Unternehmensgründung planen, wer das Unternehmen kaufen wird. Natürlich nicht namentlich, nicht konkret. Eher abstrakt. Das machen Sie doch in Ihrer Firma auch:
Sie wissen, wer die Käufer der Waren oder Dienstleistungen Ihres Betriebs sind. Mit anderen Worten: Sie kennen Ihre Zielgruppe. Und nichts anderes können Sie für Ihr Unternehmen auch machen. Eine Zielgruppe dafür bestimmen.
Der Vorteil: Wenn Sie die Zielgruppe für Ihre Firma kennen, dann können Sie Ihr Unternehmen auch nach den Wünschen und Vorstellungen der Zielgruppe bauen. Und dann – und das zeigt sich in unserer Praxis – müssen Sie oft die Käufer Ihres Unternehmens gar nicht suchen. Sie werden Kaufangebote erhalten. So machen Sie sich die Übergabe bzw. Nachfolge direkt von Beginn an einfacher.
Viele machen das aber nicht. Dann wollen sie ihre Firma an einen Arbeitnehmer verkaufen (Management Buy Out), was oft mit der schwierigen Frage der Finanzierbarkeit für den Käufer verbunden ist. Oder man verkauft an die Konkurrenz, die meistens nur am Kundenstock interessiert ist und nicht am Erhalt des Betriebs und seiner Arbeitsplätze.
Bleibt uns die letzte Frage:
Wie hoch ist der Kaufpreis für Ihre Firma?
Die wenigsten Firmeninhaber wissen, wie hoch sie den Kaufpreis für ihre Firma ansetzen sollen. Interessant, oder? Dann werden Unternehmenswertgutachten eingeholt, es findet also eine Unternehmensbewertung statt. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Solche Gutachten sind wertvoll und berechtigt. Aber wie bestimmen Sie den Preis für Ihre Waren oder Dienstleistungen? Holen Sie da auch Gutachten ein?
Das Geheimnis liegt hier auch wieder darin, am Anfang das Ende im Sinn zu haben. An der Firma zu arbeiten. Die Zielgruppe (also potenzielle Käufer Ihres Unternehmens) zu kennen. Ein Unternehmen zu bauen, das einen Nutzen für die Käufer hat. Und dann eben auch einen Preis dafür zu bestimmen, der dem Nutzen des Unternehmens für die Käufer*innen entspricht.
Um schlussendlich auch die Finanzierung durch den Käufer sicherzustellen, ist es sinnvoll, hier einen Experten zurate zu ziehen.
Was Sie bei der Unternehmensübergabe noch bedenken sollten
1. Persönliche Befindlichkeiten
Neben all den harten Fakten (Nachfolger finden, Unternehmensbewertung vollziehen und Kaufpreis festlegen, Finanzierung sicherstellen etc.), spielen bei einer Nachfolge auch Emotionen eine Rolle.
Verunsicherung und Ängste der Mitarbeiter können die Übergabe schwierig machen. Ebenso aber auch Erbstreitigkeiten – zumindest dann, wenn die Firma innerhalb der Familie weitergegeben wird.
Hier ist es hilfreich, alle Beteiligten früh genug über das geplante Vorgehen zu informieren und transparent mit ihnen zu kommunizieren.
2. Steuerliche Aspekte
In dem Jahr, in dem Sie Ihre Firma übergeben, müssen Sie auch an steuerliche Auswirkungen der Betriebsübergabe denken.
In Ihre Einkommenssteuer fließen in dem Jahr nämlich sowohl der Jahresgewinn als auch der Gewinn durch den Verkauf des Betriebs an. Das kann zu einer großen steuerlichen Belastung führen, die Sie aber durch diverse Steuerbegünstigungen abmildern können.
Auch dazu sollten Sie sich rechtzeitig informieren.
Kleine Checkliste zu Unternehmensübergabe
Hier haben wir Ihnen alle Informationen noch einmal kurz & knapp als Checkliste zusammengefasst:
- Rechtzeitig mit der Planung beginnen.
- Bei der Unternehmensbewertung auch den Wert Ihrer Produkte/Dienstleistungen bedenken.
- Sicherstellen, dass der/die Käufer*in die Finanzierung stemmen kann.
- Rechtzeitig Nachfolger*innen suchen. Ein Verkauf an Arbeitnehmer*innen ist aufgrund der meist nicht machbaren Finanzierung oft eher ungeeignet.
- Auch an emotionale Befindlichkeiten im Fall einer Nachfolge denken.
Sie haben Fragen zur Unternehmensnachfolge und -übergabe? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf! Rufen Sie einfach an oder melden Sie sich online.