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Hype oder Hoffnung: Welchen Sinn macht eine FlexCo für moderne Unternehmen?

Am ersten Jänner 2024 ist das Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft in Kraft getreten. Diese völlig neue Gesellschaftsform war schon länger in der Diskussion. Vor allem Start-Ups, für die diese Unternehmensform geschaffen werden sollte, haben geradezu sehnsüchtig auf das Gesetz gewartet. Und tatsächlich gab es dann auch einen Wettlauf darum, wer die erste FlexCo gründet und im Firmenbuch anmeldet.
Inzwischen sind nach einem Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes zwölf Flexible Kapitalgesellschaften im Firmenbuch eingetragen. Einige andere Gründungen werden wohl demnächst noch eingetragen werden.


War es das wert? Werden noch viele weitere FlexCos folgen oder war das ganze nur ein Hype? Das können wir jetzt noch nicht sagen.
Aber wir können uns diese neue Unternehmensform einmal ansehen. Was sind die Vorteile und möglichen Nachteile der neuen Unternehmensform gegenüber anderen Rechtsformen, wie vor allem der GmbH? Und ist die Flexible Kapitalgesellschaft wirklich so eine deutliche Verbesserung für Start Ups, wie sie angepriesen wurde? Und zuletzt: für wen könnte die Flexible Kapitalgesellschaft – abgesehen von Start Ups – interessant sein?
Bevor ich auf die Flexible Kapitalgesellschaft oder auch „Flexible Company“ (FlexCo) – dieser Rechtsformzusatz ist laut § 2 FlexKapGG (steht für Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz) eine zulässige Alternative – eingehe, möchte ich noch kurz den Begriff des Start-Ups beleuchten.

Was ist denn ein Start-Up?

Immerhin ist das neue Gesetz ja dezidiert für Start Ups geschrieben worden. Also ist es meiner Meinung nach wert, uns einmal anzuschauen, wer denn die Zielgruppe dieses Gesetzes ist.
Laut Wikipedia ist ein Start-Up „eine Unternehmensgründung mit einer Geschäftsidee und hohem Wachstumspotenzial. Oft operieren Start-ups in jungen oder noch nicht existierenden Märkten und müssen erst ein funktionierendes Geschäftsmodell finden.“ Die Finanzierung eines Start-ups erfolgt wegen der hohen Risiken meist nicht über klassische Finanzquellen, sondern beispielsweise durch Business Angels (Privatinvestoren), Wagniskapitalfinanzierer oder Crowdfunding.
An dieser Stelle halte ich es für wichtig, zu betonen, dass nicht jedes neu gegründete Unternehmen ein Start-Up ist. Viele Jungunternehmer oder Neugründer finden es hip, sich als Start-Up zu bezeichnen. Das geht aber am Wesen eines Start-Ups vorbei.
Die meisten Neugründungen finden in Bereichen statt, wo die Geschäftsidee schon lange etabliert ist (z.B. Handwerksbetriebe oder Freiberufler), was ja auch grundsätzlich in Ordnung ist. Diese Geschäftsidee ist nicht innovativ und die Gründer haben nicht das vorrangige Ziel, schnell zu wachsen.
Die meisten Start-Ups werden im Technologie- und Internetsektor gegründet.
Eine weitere Besonderheit von Start-Ups ist die Finanzierung des Geschäftsmodells. Während klassische Neugründungen häufig mit einem Mix aus Eigenkapital (dem Ersparten des Gründers) und Fremdkapital (Bankkredite und Förderungen) finanziert werden, schaut das bei Start-Ups ganz anders aus. Wegen der innovativen Geschäftsidee, für die es oft noch gar keinen Markt gibt, weigern sich Banken oft, ein Start-Up zu finanzieren. Dazu kommt, dass Start-Ups oft einen gewaltigen Finanzbedarf haben, weil sie oft jahrelang entwickeln, ohne ein marktfähiges Produkt zu haben. Damit machen sie aber keinen Umsatz und in den ersten Jahren hohe Verluste. Da Banken als Finanzierer ausscheiden, werden Start-Ups häufig von Business-Angels finanziert.
Hier investieren private Geldgeber (Business Angels) in das Startup. Dafür erhalten sie einen Anteil am Unternehmen. Die Finanzierung des weiteren Wachstum erfolgt häufig über Venture-Capital-Gesellschaften. Auch diese Gesellschafter wollen im Gegenzug für die Finanzierung Unternehmensanteile von den Gründern.
Eine weitere Besonderheit von Start-Ups ist, dass von Beginn an geplant ist, dass schon nach wenigen Jahren ein Exit erfolgt, bei dem das Unternehmen entweder an die Börse gebracht oder an ein anderes Unternehmen verkauft wird.

Das Wesen der FlexCo

Das Justizministerium führt in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage für das FlexKapGG aus, dass sich zwar für die spezifischen Bedürfnisse von Startups und anderen innovativen Unternehmen die Rechtsform der GmbH grundsätzlich gut eignet. In manchen Bereichen (z.B. bei der Willensbildung der Gesellschafterinnen oder bei Kapitalmaßnahmen) wäre jedoch eine größere Freiheit zur individuellen Ausgestaltung zweckmäßig, als sie das geltende GmbH-Recht bietet.
Gerade in diesen Bereichen gibt es aber bewährte Regelungen im Recht der Aktiengesellschaft. Daher hat das neue FlexKapGG die GmbH als Vorbild genommen und in einigen Bereichen nach dem Vorbild der AG modifiziert.
Also keine wirklich neue Rechtsform, sondern eher eine Kombination aus GmbH und AG.
Wie wir schon gesehen haben, ist ein Start-Up dadurch gekennzeichnet, dass es einen hohen Finanzbedarf hat. Dieser wird aber nicht klassisch über Bankkredite und entsprechende Sicherheiten befriedigt, sondern über Investoren (Business Angels und Venture-Capital-Gesellschaften), die im Gegenzug Anteile an dem Start-Up haben wollen. Gerade hier hat sich die GmbH als zu unflexibel erwiesen.

Die Unterschiede zwischen der FlexCo und der GmbH

Beiden Gesellschaftsformen ist seit dem ersten Jänner 2024 gleich, dass das Stammkapital mindestens 10.000 Euro betragen muss. Jedoch kann die einzelne Stammeinlage eines Gesellschafters der FlexCo (das Gesetz spricht von der Gesellschafterin, weil es als erstes und bisher einziges Gesetz durchgängig in der weiblichen Form geschrieben wurde) lediglich einen Euro betragen.
Eine FlexCo muss abweichend von der GmbH schon dann einen Aufsichtsrat haben, wenn es sich um eine sogenannte mittelgroße Gesellschaft (§ 221 Abs. 2 UGB) handelt. Das ist dann der Fall, wenn das Unternehmen eine Bilanzsumme von mehr als 5 Millionen Euro und einen Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro hat oder mehr als 50 Arbeitnehmer. Die (relativ frühe) Pflicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrates hat damit zu tun, dass die FlexCo gerade bei der Frage des Kapitals der AG nachgebildet wurde und dort immer eine Pflicht besteht, einen Aufsichtsrat einzurichten.
Besonders ausführlich regelt das FlexKapGG die Unternehmenswert-Anteile. Das ist eine Besonderheit gegenüber der GmbH. Unternehmenswert-Anteile geben ihrem Inhaber zwar einen Anspruch auf den Bilanzgewinn, aber kein Stimmrecht. Unternehmenswert-Anteile eignen sich daher für Mitarbeiterbeteiligungen, was auch der Grund ist, warum das Gesetz sie geschaffen hat. Unternehmenswert-Anteile werden nicht in das Firmenbuch eingetragen.
Besonders interessant ist es für Unternehmenswert-Beteiligte, an einem Exit zu partizipieren. Das ist auch der eigentliche Grund für die Mitarbeiterbeteiligung, denn einen Bilanzgewinn werden Start-Ups oft nicht ausschütten. Das Gesetz sieht daher zwingend vor, dass die Unternehmenswert-Beteiligten bei einem Exit ein Mitverkaufsrecht haben.
Die FlexCo darf auch eigene Anteile halten, was der GmbH ausdrücklich nicht erlaubt ist.
Ein Wechsel der Rechtsform zwischen FlexCo, GmbH und AG durch Umwandlung ist möglich. Damit soll es vor allem auch bestehenden GmbHs ermöglicht werden, in eine FlexCo umgewandelt zu werden.

Ist die FlexCo auch für klassische Unternehmen sinnvoll?

Natürlich steht die FlexCo jedem Unternehmen als Rechtsform zur Verfügung. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass ja die GmbH die wichtigste Gesellschaftsform ist. Die meisten Unternehmen (fast 80%) werden in der Form des Einzelunternehmens betrieben. Danach kommt aber mit 13% aller Unternehmen schon die GmbH.
Macht es für bestehende GmbHs Sinn, darüber nachzudenken, ihre Rechtsform zu wechseln und in eine FlexCo umzuwandeln?
Meiner Meinung nach nicht.
Die FlexCo unterscheidet sich von der GmbH hauptsächlich durch die Möglichkeit der Unternehmenswert-Anteile. Das werden die meisten der GmbHs nicht wirklich brauchen. Zudem haben sehr viele der bestehenden GmbHs nur einen einzigen Gesellschafter. Ein Bedarf, andere wie Mitarbeiter oder Investoren, an der GmbH zu beteiligen, wird oft nicht bestehen. Die meisten GmbHs sind auch klassisch finanziert (durch Bankkredite). Viele dieser Unternehmen sind für Investoren wie Business-Angels gar nicht interessant.
Steuerlich besteht auch kein Unterschied, weil sowohl die GmbH als auch die FlexCo der Körperschaftssteuer unterliegen.

Fazit

Meiner Meinung nach ist es für viele etablierte GmbHs nicht sinnvoll, in eine FlexCo umzuwandeln. Wesentlich interessanter ist es, darüber nachzudenken, in die Rechtsform der GmbH & Co KG zu wechseln. Das ist aber das Thema eines eigenen Artikels.

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